Facilitating und Fußball: Einwurf von Moritz | school of facilitating
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Facilitating und Fußball: Einwurf von Moritz

Facilitating und Fußball: Einwurf von Moritz

Genau, wir wollen auch mal über Fußball reden, aber nicht über die WM in Katar 🙂

Letzte Woche trafen Rudi (Facilitator aus Überzeugung) und ich uns in der Nähe von München und er erzählte mir begeistert von seiner Arbeit als Fußballtrainer der örtlichen Kindermannschaft. Dabei fallen ihm immer wieder lustige Analogien zu unserer Arbeit als Facilitatoren auf, die es wert sind erzählt zu werden. Hier eine seiner Geschichten:

„Moritz ist ein guter Freund von meinem Sohn Theo. Moritz hat mit Theo zusammen angefangen, Fußball zu spielen. Moritz war auch schon oft bei uns zu Hause. Insofern bin ich mehr als nur der Fußballtrainer.

Nun hatten wir im ersten Spiel einen Einwurf. Und wahrscheinlich war es für Moritz der erste Einwurf in seinem Leben. Es war nicht der erste im Spiel, aber es war eben eine wirklich neue Situation für ihn. Ich stand an der Seitenlinie und er stand nur einen Meter entfernt von mir. Moritz nahm sich den Ball. Ich sah sein spitzbübisches Lächeln über sein Gesicht huschen. Da beugte ich mich vor und flüsterte ihm ins Ohr: „Wirf den Ball nach vorne, die Linie entlang. Wirf ihn zu Theo.“ Theo sprang schon ganz aufgeregt hin und her und bot sich an der Seitenlinie an. Die Gegner hatten den Zeitverzug genutzt und stellten den Ballweg zu. Theo sprang weiterhin aufgeregt auf und ab und schrie zu Moritz: „Ich bin frei!“ Das stimmte zwar nicht, sollte aber wohl zu viel heißen, wie: „Gib ihn mir!“. Ich versuchte Moritz auch weiterhin zu motivieren, die Linie entlang zu werfen. Und wiederholte: „Zu Theo, die Linie entlang, einfach nach vorne.“ Moritz nahm sich seine Zeit und überlegte mit dem Ball fest zwischen den Händen über dem Kopf. Ich glaube, es dauerte fast eine Minute. Dann hatte er einen Geistesblitz. Er drehte sich zum eigenen Tor um. Warf den Ball soweit er konnte. Und versuchte dem Ball hinterherzulaufen. Leider stand kein Mitspieler in dieser Richtung, sondern nur ein Gegenspieler. Dieses nahm den Ball. Rannte damit auf unser Tor zu… und netzte genüsslich ein.

An der Szene finde ich nicht schlimm, dass Moritz sich selbst den Einwurf zuwerfen wollte. Ich finde auch nicht schlimm, dass ein Tor für den Gegner passiert ist. An dieser Szene finde ich interessant, dass ich keinen Einfluss auf die Entscheidung von Moritz hatte. Dass ich ihm quasi nicht helfen konnte. Jetzt kann man sagen, dass das eine der ersten Erfahrungen ist, die Moritz gesammelt hat. Und dass das schon besser wird. Aber gleichzeitig finde ich wichtig, dass ich perfekte Rahmenbedingungen hatte, um Moritz bei seiner Entscheidung zu unterstützen. Als Trainer werde ich wohl nie wieder näher dran sein in meinem Leben. Der Spieler kennt mich und den Spieler, dem er den Ball hinwerfen soll, bestens. Und Moritz ist ein wirklich netter Kerl. Der macht normalerweise, was ich ihm sage. Ich glaube aber, dass in solchen Situationen Entscheidungen getroffen werden, die ihre Zeit brauchen. Gerade wenn es neue Situationen sind. Und das wird schneller besser, wenn die Menschen die Entscheidungen so oft wie möglich selbst treffen. Das Stichwort lautet: „Hilfe zur Selbsthilfe.“ Und es ist doch richtig, wenn die Menschen erfahren, dass ihre Entscheidungen Auswirkungen haben.

Diese Szene könnte man mit dem 4 Phasen Modell wie folgt einordnen:

1. Wahrnehmen – Moritz hat sich einen Überblick verschafft, welche Mitspieler frei stehen. Er hat sich wirklich Zeit genommen dafür. Die Situation hat sich kontinuierlich verändert. Die Mitspieler wurden immer mehr zugedeckt. 

2. Verstehen – je länger er sich Zeit genommen hat, umso weniger Anspielstationen hat er gefunden. Er hat verstanden, dass kein Spieler frei stand.

3. Entscheiden – er hat versucht, dem einzig freien Spieler den Ball zu geben, nämlich sich selbst. Auch wenn das nicht regelkonform ist, ist das doch in sich streng logisch, wenn man die Regeln eben noch nicht gut kennt.

4. Handeln – er hat das leider nicht so ausgeführt, dass er selbst an den Ball gekommen ist, sondern direkt der Gegner. Ihm fehlte da einfach Erfahrung, wie weit er werfen kann, wie schnell der Gegner ist, wie heikel es ist, wenn man den Ball in Richtung eigenes Tor wirft oder dribbelt.

Und wenn ich das auf aktuelle Arbeitswelten übertrage und die modernen Anforderungen an Selbstorganisation, Agilität oder Ähnliches? Menschen sollen ihre eigenen Erfahrungen machen dürfen, um in das Neue hinein zu wachsen. Kein Flüsterer kann es ihnen wegnehmen. Die guten Trainer:innen üben sich in Geduld und bieten viel Erfahrungsraum.

Das ist Facilitating :-).